Lange war es angekündigt, und nun ist die Katze aus dem Sack: Die Brandenburger Stadtpiraten haben das Wahlprogramm ihres OB Kandidaten vorgestellt. Damit ist es Zeit mal zu schauen, was nun spannendes entstanden ist.
Bekannt war ja bisher folgendes: „Projekt_27:Richtungswechsel” steht für eine moderne, sich entschuldende und selbsttragende, ökologisch saubere, zuwanderungsfreundliche Stadt Brandenburg an der Havel bis zum Jahr 2027, in der die jungen Menschen wieder eine Perspektive für eine Zukunft finden und in der die älter werdende Generation einen Lebensabend in Würde und mit Respekt vor ihrer Lebensleistung verbringen kann. Brandenburg an der Havel wird eine Stadt, in der Bürgerbeteiligung und Transparenz an und bei sämtlichen Prozessen großgeschrieben wird und aufrichtige Politik stattfindet.
Hier fängt der selbstdenkende Bürger schon einmal an sich zu fragen, was das bedeutet. Modern ist ja ein Platzhalter und sagt genausoviel wie gar nichts. Bei sich entschuldend und selbstragend sieht dies schon anders aus. Zum einen gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Schuldenbremse, nach der die Länder ab 2020 zwingend einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen. Das dürfte sich also auch auf kommunaler Ebene bemerkbar machen. Schon allein im Fehlen von Geldern. Hinzu kommt das demnächst die EFRE- Förderung für Brandenburg durch die EU wegfallen wird. Auch das muss erst einmal verarbeitet werden. Wenn man noch weiss, auf welche unverschämte Art und Weise sich die Stadt Brandenburg mittels Ordnungsamt den Haushalt aufbessern lässt, wird es schon spannend, wie die Piraten konkret eine sich entschuldende und selbsttragende Stadt erreichen wollen. Denn sie müssten ja mehr erwirtschaften, als sie ausgeben um dieses Ziel zu erreichen.
Junge Menschen sollen in Brandenburg wider eine Perspektive bekommen- fein. Dazu bedarf es Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Und dafür wiederum muß sich Industrie in Brandenburg ansiedeln, was man in der Regel durch finanzielle Anreize bewerkstelligt.
Bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit in den letzten 20 Jahren werden bei vielen nur wenig Anrechte auf Rente entstehen. Wird es also eine Sonderrente Bandenburg geben oder von der Stadt finanzierte Kaffeefahrten etc?

Schauen wir uns mal die Punkte etwas konkreter an.
1. Stadt der Generation
Ein ehrenamtliches Generationenzenrum soll her, Jungendzentren und Spielplätzesowie generationenübergeifende Veranstaltungen. Toll, nur bedarf Ehrenamtlichkeit eines umfangreichen Engagementes und die Grund- und Betreibskosten müssen auch gedeckt werde. Das trifft auch auf die anderen Punkte zu. Woher das Geld kommt, weiss der Geier.

2. Stadt der BürgerInnen und Stadt der Transparenz
Das sind alles lobenswerte Vorsätze. Aber wie sieht das ganz rechtlich aus? Und wer finanziert den Mehrbedarf an Personal sowie den Unterhalt der geplanten Plattform(en).
Schlußendlich bleibt dann noch die Gretchenfrage nach der Akzeptanz, denn was nutzt Bürgerbeteiligung, wenn sich die überwiegende Mehrheit nicht beteiligt? Werden dann auch solch pseudodemokratische Konstrukte (wie bei den Piraten üblich) herhalten müsse, die besagen, das jeder kommen kann und wer da ist, entscheidet dann für Alle?

3. Stadt des gemeinschaftlichen Eigentums
Das klingt schon sehr interessant- Willkommen in der sozialistischen Enklave Brandenburg an der Havel“?
Ein bisschen Wohl schon: Komunale Wertschöpfungskette, kommunaler Arbeitskräftepool (wer finanziert den eigentlich), Schaffung von Eigenbetrieben (wer stemmt die Investitionen), Übernahme des ÖPNV, der Infrastruktur, Wasser, Wärme, Energieversorgung in kommunale Hand (Wer zahlt?).

4. Stadt der Kreativität, des Wissens und der Bildung
Auch hier will man viel schaffen, kostenlosen Eintritt bieten, ein freies WLAN- Netz für die gesamte Stadt etc. ppp. Das das nicht von alleine entsteht, weiß jeder. Woher die Gelder für den Aufbau und Betrieb kommen, verraten die Piraten nicht. Sicher nach dem Motto: Kommt Zeit, kommt Rat.

5. Stadt der Gesundheit
Meine Lieblingsforderung: die Umsetzung eines kostenneutralen oder kostenlosen Kindertagesstätten- und Schulessens aus vollwertigem, gesunden und ökologischem Anbau auf eigenen kommunalen Flächen. !
Lang und ausführlich habe ich dem Kandidaten mal erläutert, das dies gar nicht möglich ist. Ökologischer Landbau heisst, Ertragseinbüßen von 50-75% und mehr pro Fläche gegenüber konventioneller Landwirtschaft. Damit einher geht natürlich eine massive Verteuerung der Erzeugnisse. Auch wenn es nur kostenneutral rüber gebracht wird, dürfte sich der Preis für das Schulessen mehr als verdoppeln. Und das ökologischer Anbau auch Risiken birgt, hat uns ja EHEC ganz deutlich gesagt.
Und dann bleibt da noch die Aussage zum Anbau. Wird die Stadt dann auch noch bäuerlicher Großbetrieb?

Fazit
Ich bin bei weiten nicht auf alle Punkte eingegangen. Das ist auch nicht nötig, dann die bewegen sich auf ähnlichem Niveau. Dabei fühle ich mich beim Lesen des Projekts 27 immer wieder an folgenden Text erinnert:

2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!
Ich mach‘ mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt ….