DDR reloaded?

Ich hatte ja im letzten Blog-Beitrag schon was zur „überraschenden“ Überwachungspraxis und den vorgetäuschten Unwissen unserer Politiker geschrieben. Nun fiel mir noch ein Interview mit Professor Dr.Josef Foschepoth (Histroiker, Uni Freibirg) in die Hände, der u.a. ein Buch mit dem Titel „Überwachtes Deutschland. Post- und Telefonüberwachung in der alten Bundesrepublik“ geschrieben hat. Und in dem Interview mit der badischen Zeitung (http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/historiker-josef-foschepoth-ueber-den-systematischen-bruch-des-postgeheimnisses-in-der-bundesrepubli–68953735.html“ berichtet er über die Überwachungspraxis und darüber, das de facto das Besatzungsrecht heute in deutsches Recht übergangen ist und somit zwar formal nicht mehr gilt aber trotzdem weiter existiert. Und damit eben auch alle Befugnisse für die Alliierten zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (inkl. Internet) auf deutschem Boden. Eine Erkenntnis, die für mich zwar nicht überraschend kommt aber in ihrer Dimension doch erschreckend ist.

Schon seit einigen Jahren beschleicht mich immer wieder das Gefühl, das die Wende uns zwar ein anderes Wirtschaftssystem beschert hat und eine sich selbst zugrunde richtende Gesellschaft, in der jeder um sein eigenes Weiterkommen bzw. teilweise auch Überleben kämpfen muss aber grundsätzlich sich nicht viel im Vergleich zur DDR geändert hat. Nur die Vorzeichen sind teilweise anders und die Dinge werden anders genannt. Wir brauchen halt keine Pioniere und FDJ, wir machen einfach nur Ganztagsschulen mit Rundumbetreuung und Politischer Bildung. Wir schaffen Krippen- und Kita- Plätze um den überlasteten Eltern bei der Suchen nach erst-, zweit- und /oder Drittjob zu helfen und dabei unmerklich auch die Entwicklung des Nachwuchses zu kontrollieren. Nur nicht zuviel wissen sollen die Racker und möglichst nicht selbstständig denken. Alles in Allem irgendwie eine DDR reloaded.

Überraschung! Spione spionieren!!

Das hätte ja nun niemand erwartet, Spione spionieren. So eine Überraschung. Fast genauso überraschend wie die weiteren Enthüllungen des Herrn Snowden. So war es nämlich schon 1998 in der EU bekannt, das die NSA flächendeckend Telefonate in Europa abhört (siehe hier: http://www.heute.de/Geheuchelte-Emp%C3%B6rung-28615488.html). Im folgenden Dokument des Europaparlaments von 2001 wird ausführlich auch über Wirtschaftsspionage mittels des Echelon-Programms berichtet- http://www.europarl.europa.eu/comparl/tempcom/echelon/pdf/rapport_echelon_de.pdf. Hinzu kommt, das im bayrischen Bad Aibling eine große Abhörstation stand (Abbau 2004)! Aber das ist nur die Spitze des Eisberges oder vielleicht auch das vorletzt letzte Kapitel, denn Abhören hat in Nachkriegsdeutschland eine lange Tradition. So wurden durch die nicht vorhandene Zensur westlicher Dienste während des Kalten Kriegs im deutsch-deutschen Grenzverkehr insgesamt ca. 90 Millionen Postsendungen einbehalten. Mehr zu den Hintergründen und der Rolle der Westalliierten findet der geneigte Leser bei Telepolis- http://www.heise.de/tp/artikel/39/39408/1.html.

Bleibt also eigentlich nur folgendes Fazit: Snowdens Enthüllungen sind keineswegs überraschend sonder bestätigen eigentlich nur, was viele schon immer vermutet haben. Und unsere Politiker aus Regierung und Opposition lügen der Bevölkerung mit ihrer geheuchelten Empörung bzw. vorgeblichen Unwissenheit unverblümt in’s Gesicht. Und ja, flächendeckende Überwachung ist heute schon Realität. Damit ist eigentlich jeder für den Schutz seiner Daten selbst verantwortlich. Leider sind dazu viele nicht befähigt. Hier gilt es anzusetzen und man muß auch fragen, warum unsere Geheimdienste nichts dagegen unternommen haben? Sind wir trotz 2+4 Vertrag immer noch besetzt und unmündig? Und wer aus dem Skandal nun politischen Vorteil ziehen will, der muß genau dazu Konzepte vorlegen. Nieder mit der Überwachung zu schreien und einen Orwell’schen Überwachungsstaat als Schreckgespenst an die Wand zu malen, reicht nicht mehr aus.

Warum Bürgerinitiativen so oft dagegen sind!

Ist Ihnen das auch schon einmal aufgefallen? Ich werde das Gefühl nicht los, das Bürgerinitiativen in der Regel gegen etwas sind und nicht für Etwas. So gibt es Bürgerinitiativen gegen Atomkraft und nicht dafür, gegen ICE- Trassen und nicht dafür, gegen Hochwasserschutzbauten und nicht dafür….. Nun sind Bürgerinitiativen ein wirklich wichtiger Bestandteil unserer Demokratie und ich will hier nicht gegen sie wettern. Aber trotzdem habe ich mal versucht zu ergründen, warum man dort häufig so gerne dagegen ist! Und die Lösung scheint mir trivial. Schauen wir uns das politische System hierzulande an, dann merken wir schnell das Wahlen nicht (mehr) viel ändern. Und die Folge ist einerseits Politikverdrossenheit. Aber viele haben trotzdem den Wunsch, dem politischen Establishment es mal so richtig zu zeigen (als Rache für fehlende Alternativen bei Wahlen). Und nichts ist besser geeignet, als eine Bürgerinitiative gegen eine von der Politik getroffene Entscheidung. Und der Sinn des Dagegenseins spielt jetzt keine Rolle mehr, den das ist jetzt eine Art politischer Selbstbefriedigung geworden.