Es sind ja nur noch gut fünf Monat bis zur Bundestagswahl 2013 im September. Zeit wehmütig vier Jahre zurückzublicken. Damals war ich ja auf der Landesliste der Piraten hier in Brandenburg und voller Optimismus, das die Piraten eine neue politische Kraft werden könnten und das ich meinen Beitrag dazu leisten möchte. Ein Jahr nach der BTW 1009 war ich kein Pirat mehr, jedoch blieb die Hoffnung, das sich die Piraten wieder fangen mögen und eine Rückkehr eventuell wieder möglich würde. Betrachte ich jedoch die Entwicklung der letzten Jahre, so ist das unwahrscheinlicher denn je. Und dabei spielen die Grundirrtümer der Piraten eine große Rolle:

Liquid Feedback/ ständige Mitgliederversammlung: LiquidFeedback wird als eine wichtige basischdemokratische Einrichtung gesehen. Und folgerichtig strebt man eine ständige Mitgliederversammlung im Internet an. Ich habe mich 2010 daher auch noch in meiner Piratenzeit für die Einführung des LiquidFeedback- Systems in Brandenburg erfolgreich eingesetzt. Das würde ich heute nicht mehr tun, da LiquidFeedback eine Machtkonzentration auf einige wenige Aktive Nutzer ermöglicht und somit Minderheitenmeinungen als Mehrheitsmeinungen erscheinen können. Und das selbe Schicksal droht einer ständigen online Mitgliederversammlung. Das Hauptproblem besteht bei beiden Systemen halt darin, das irgendwann das Interesse der meisten Nutzer erlahmt. Entweder aus Zeitmangel oder auf Grund kaum sichtbarer Erfolge.

Basisdemokratie: Die Piraten meinen, die Basisdemokratie neu erfunden zu haben, da jeder Pirat zum Bundesparteitag kommen kann und dort mitbestimmt (was auch für relevante Parteitage der untergeordneten Gliederungen gilt). Was aber dabei eigentlich rumkommt, bezeichnete ein guter Freund von mir mal als Basisanarchie. Und das ist das Problem, jeder kann somit einen Parteitag lahm legen, indem er immer wieder sinnfreie Anträge stellt. Und kleine gut organisierte Grüppchen könnnen durch überdurchschnittliche Teilnahme die politische Richtung verändern, obwohl es dafür keine Mehrheiten in der Partei gibt.

Totale Transparenz:In der Politik geht es vor allem auch um Meinungsbildung. Dazu muß man auch mal Gedanken einfach diskutieren, egal wie abwegig sie sind. Solche Diskussionen sind aber nur dann sinnvoll möglich, wenn nicht die ganze Welt zuschaut. Somit hat der (Selbst-)Zwang zur totalen Transparenz den Piraten in den letzten vier Jahren wahrscheinlich eine große Anzahl kreativer und engagierter Köpfe gekostet. Verluste, die unter Umständen nicht mehr zu ersetzen sind.

Schwarmintelligenz: Es ist auch so ein geflügeltes Wort bei den Piraten. Fakt ist aber, es gibt sie nicht. Die Leistung einiger kreativer Köpfe wird bei der Schwarmintelligenz auf den Schwarm verteilt, der sich dann mit der Leistung einiger Weniger brüstet. Auch das vertreibt auf Dauer kreative Köpfe.

Themen statt Köpfe: Auch das Thema ist falsch, wer als Kandidat/ Funktionär Verantwortung übernimmt, der möchte auch Anerkennung dafür bekommen. Und auf der anderen Seite braucht der Wähler Personen, mit denen er die Themen verbindet und sich dann mit diesen identifiziert.

Das sind meiner Meinung nach die Hauptprobleme der Piraten und sie werden diese Probleme bis zur Bundestagswahl nicht lösen können.
Erschwerend kommt noch hinzu, das die Piraten viele Themen bei den Linken und Grünen abgekupfert haben und ihnen mittlerweile Alleinstellungsmerkmale verloren gegangen sind. Damit entwickeln sich auch die Piraten in Richtung Beliebigkeit.