Wie ich schon zu verschiedenen Anlässen schrieb, halte ich die derzeitige Debatte um den Atomausstieg gerade im Licht der anstehenden bzw. gerade abgeschlossenen Landtagswahl in Sachsen- Anhalt gelinde gesagt für deplaziert.
Aber trotzdem möchte ich meine Sich auf die Dinge noch einmal klar darstellen:
1. Bisher hat es in Fukushima keinen Super-Gau wie in Tschernobyl gegeben. Dafür kann man den mutigen Menschen dort gar nicht genug danken.
2. Die Katastrophe selber hat primär nichts mit der Frage nach der Beherrschbarkeit der Technik zu tun. Auslöser war eine Naturkatastrophe von bisher nicht bekannten Ausmass. Ebensogut könnte man fordern, KKW’s gegen Meteoriteneinschläge wie zum Beispiel den Chicxulub – Asteroiden zu schützen.
3. Leider ist der Mensch nicht ganz unschuldig. Wie die Konstrukteure mittlerweile zugegeben haben, wurden für Fukushima amerikanische Pläne kopiert. Tsunamis wurden dabei nicht einkalkuliert (http://www.welt.de/vermischtes/article12864224/Reaktor-Konstrukteur-gibt-schwere-Planungspanne-zu.html). Für mich völlig unverständlich, liegt die Anlage doch direkt am Meer.
4. Die Situation in Deutschland ist mit der in Fukushima nicht vergleichbar! Bei uns liegen keine Kernkraftwerke am Meer (mangels Meer). Auch Erdbeben dieser Stärke sind bei uns in nächster Zeit in dieser Stärke definitiv nicht zu erwarten.
5. Nach dem Beben wurde Fukushima automatisch abgeschaltet.

Resultierend aus diesen Punkten kann ich die derzeitige Debatte in Deutschland nur bedingt nachvollziehen. Klar ist, Sicherheit in einem KKW muß oberste Priorität haben und darf keinesfalls aus Profitgründen zurückgestellt werden. Insofern ist das Moratorium ok.

Die Aussage, das die Kraftwerke nicht gebraucht würden, weil man sie ja problemlos jetzt abstellen konnte halte ich wiederum für gewagt. Zum einen gibt es das europäische Verbundsystem, d.h. wenn Strom knapp wird, wird er im Ausland zugekauft. Sicherlich zu einem ordentlich hohen Preis, denn auch andere kennen unseren Bedarf. Und anderseits gibt
es immer Wartungsreserven. d.h. die Konzerne könnten Wartungen an anderen Kraftwerken verschieben und so den Produktionsausfall zumindest kurzfristig überbrücken. Jedoch geht das nur zeitlich begrenzt. Die Aussage, das die Kraftwerke nicht gebraucht würden, weil man sie ja jetzt folgenlos abschalten könnte ist definitiv falsch.

Was ist mit den erneuerbaren Energien? Ganz Klasse, bin ich sehr dafür. Vor allem solange keine landwirtschaftlichen Nutzflächen hier oder z.B. in der Ukraine oder sonst wo auf dieser Welt für Strompflanzen missbraucht werden. Immerhin verhungern weltweit pro Minute 10 Kinder, da ist eine derartige Dekadenz nicht tolerierbar. Wenn man also das berücksichtigt, wird einem schnell klar, das Biogas nur ein Nischenprodukt auf Abfallbasis sein kann.

Geothermie ist auch nicht schlecht. Im kleinsten Maßstab funktioniert das auch gut, bei größeren Kraftwerken wurden immer wieder seismische Vorfälle beobachtet. Das rasche Abkühlen des Gesteins zur Warmwasser-/Dampferzeugung führt zwangsläufig zu Spannungen in den betroffenen Gesteinsschichten. Das sollten wir eigentlich alle in Physik gelernt haben.

Photovoltaik funktioniert nach dem Prinzip keine Sonne, kein Strom — wenig Sonne, wenig Strom und viel Sonne viel Strom! Und Windenergie funktioniert ähnlich. Nur das hier noch eine Obergrenze hinzu kommt: Zuviel Wind, kein Strom (Abschaltung bei 100km/h Windgeschwindigkeiten – http://www.verivox.de/nachrichten/sturm-keine-gefahr-fuer-windkraftanlagen-automatische-abschaltung-17173.aspx).

Pumpspeicherwerke: Die Kapazitäten in Deutschland sind erschöpft, es müssten also norwegischen ANlagen genutzt und/oder neu gebaut werden. Damit müssten wir unseren Strom bei Überproduktion billig nach Norwegen verkaufen und ihn teuer bei Bedarf (!) zurück kaufen. Wer die Verluste mit der Stromrechnung bezahlt, dürfte klar sein. Und hinzu kommt, das so ein Pumpspeicherwerk in der Regel nur 12-24h Strom liefert, dann ist das Speicherbecken leer. Ein Sturmtief, welches fünf Tage über der Nordsee liegt und geschlossene Wolkendecke über Deutschland und wir hätten also bisher bei 100% erneuerbaren Energien ein echtes Problem.

Sollte also Deutschland jetzt Abschalten wird folgendes passieren: Der Strom wird teurer, auch für die Industrie. Damit steigen die Produktionskosten und der Standort Deutschland wird unattraktiver. Bisher haben wir den Krisen nämlich dadurch getrotzt, das die Produktionskosten zu Lasten der Realeinkommen niedrig im Vergleich zu anderen Ländern gehalten wurden. Betreibt man das weiter, wird die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland weiter verarmen. Macht man es nicht, ist die Konkurenzfähigkeit irgendwann verloren und die Unternehmen wandern ab (zum Beispiel in Länder, die weiter auf Kernkraftwerke setzen, wie China, USA, Russland, Indien oder auch Großbritannien).

Was wäre sinnvoll? Ganz klar: Damit die Erneuerbaren Energien grundlastfähig werden, bedarf es endlich einer massiven Förderung bei der Entwicklung von Speichertechniken. Meiner Meinung nach bietet sich hier Wasserstoff an. Aus Wasser kann er sogar photolytisch gewonnen werden (Ersatz der Photovoltaik!) und er lässt sich recht gut komprimieren/ verflüssigen. Mit Wasserstoff kann man dann Brennstoffzellen betreiben. So könnten Wohnungen/Häuser ihren Strombedarf (partiell) selber produzieren. Baut man in den Wohnungen noch genormte Niedrigvoltnetze (z. B. 12V) ein, kann man damit sogar die meisten elektronischen Geräte betreiben. Verluste durch Netzteile würden drastisch sinken.
Auch Ethanol wäre eine Möglichkeit, denn dieser kann auch in Brennstoffzellen verwendet werden.
Es gibt also durchaus sinnvolle Möglichkeiten für eine Energiewende. Nur nicht von heute auf Morgen und nur bei einer drastischen Veränderung der Förderpolitik.
Wenn man aber jetzt blinden Aktionismus (weiter) betreibt, dann schaltet Deutschland sich ab.