Ich hatte vorhin das zweifelhafte Vergnügen die Sendung Galileo von Pro 7 zu sehen. Sie kennen Galileo nicht? Das ist so eine Art populärwissenschaftlich angestrichene Sendung mit der Maus, nur für Erwachsene.
Heute aus gegebenen Anlass etwas zu Radioaktivität und Kernreaktoren. Da ich nur zufällig in die Sendung reingeschneit bin, habe ich (Gott sei Dank) nicht alles gesehen. Ich kam dazu als man anfing was über die Brennstäbe zu erzählen und nach wenigen Sekunden erklärte mir eine sympathische Stimme, das das Uran nach Aktivierung im Reaktorkern 100 mal radioaktiver ist. Ganz klar und Gold gewinnt an durch die Reaktion von Goldbären mit Erde, wobei dann Erdbeeren und Gold entstehen!
Richtig ist jedoch, das die bei der Kernspaltung entstehenden Element teilweise ein um ein vielfaches intensivere Strahlung (bei entsprechend sehr viel kürzerer Halbwertszeit) ausstrahlen.
Nun kann einem ja jedem mal ein Fehler oder eine Ungenauigkeit passieren- Shit happens. Das jedenfalls dachte ich mir um so gleich erstaunt vernehmen zu müssen, das in den japanischen Unglücksreaktoren die Katastrophe drohe, wenn man die Kernspaltung nicht unter Kontrolle brächte.
Ups!
Schluck!!
Hallo?
Stammt das Manuskript aus dem Heimatkundeunterricht?? Also mal Butter bei die Fische: Kurz nach dem Erdbeben setzte in den betroffenen Kernkraftwerken die Notabschaltung ein. dabei wurde durch geeignete Moderatormaterialien (mit hohem Neutroneneinfangquerschnitt) die Kernspaltung zum Erliegen gebracht. Das, was die nach abläuft ist der natürliche Zerfall des Urans und seiner Spaltprodukte. Und gegen diese Zerfallswärme kann man nichts weiter machen als kühlen. Und abgesehen davon wäre spätestens bei verdampfen des Wassers Feierabend, das das Wasser ebenfalls als Moderatormaterial die bei der Kernspaltung entstehenden schnellen Neutronen so abbremst, das diese wieder Urankerne spalten können.
Nach diesem schon bedenklichen Teil kam ein Beitrag über natürlich Radioaktivität. Ehrlich, wo habt Ihr denn die Leute hergenommen? Ist das Bildungsniveau bei uns wirklich so niedrig, das die Leute entsetzt auf einen Geigerzähler schauen, nur weil der knistert?
Sicher weiß nicht jeder, das bestimmt Glasuren radioaktives Material enthalten. Insofern sicher ein Punkt für die Gallileo- Redaktion.
Noch interessanter wären aber auf dem Trödelmarkt alte Uhren gewesen, die Leuchtstoffe enthalten Radium und Strontium. Richtig gut strahlende Elemente.
Aber mal ganz ehrlich, die Strahlendosen sind unerheblich!
Ganz Klasse fand ich auch den Beitrag zu Kalium – 40. Klar, kann das Krebs auslösen. Aber dagegen kann man nichts tun und alle Lebewesen sind dieser Strahlenbelastung ausgesetzt. Seit Anbeginn des Lebens auf unserem Planeten. Und da die Evolution Mutationen im Erbmaterial voraussetzt, würde sie ohne diese Strahlenbelastung eventuell gar nicht stattgefunden haben und es würden heute vielleicht immer noch nur Einzeller auf diesem Planeten leben.
Und dann zum Schluß Radon. Ganz grosses Kino. Ich sehe schon die deutschen Bildungsopfer ihre Fenster aufreissen um das Radon rauszulüften. Es mag ja sein, das in Gegenden mit hohen Uran und /oder Thoriumgehalt Radon in Kellern und schlecht belüfteten Räumen ansammeln kann. Aber bisher ist mir nicht bekannt, das jemand seine Anverwandten verstrahlt im Keller tot aufgefunden hat.
Da sollte man mal die Kirche im Dorf lassen.
Also alles in allem eine Mischung aus Fehlinformation und Panikmache. mein Prädikat: In der Form besonders wertlos.
Danke für den guten Artikel!
„populärwissenschaftliche Sendung mit der Maus für Erwachsene“ finde ich super! Dieses „Infotainment“ ist doch reine Volksverdummung. Glücklicherweise reagiert die Bloggosphäre mit nützlichn infos wie hier oder auf geigerzaehler-news.
jaja Galileo.
meiner Meinung nach eine Frechheit und systematischer Rufmord an einem genialen Wissenschaftler, der für seine Überzeugung um ein Haar auf dem Scheiterhaufen landete. Hat der ein Glück, dass er dieses Elend nicht sehen muss.
Ich guck den Scheiß nur noch um mich aufzuregen. Sobald irgendwo eine Stromleitung gezeigt wird, wird gleich erzählt, wie viele Volt da durch FLIESSEN. Und das jedes Mal.
Kann mal jemand diesen supertollen „Wissenschaftsjournalisten“ mal erklären, das Spannung die Differenz zweier elektrischer Potentiale ist, und dass sie anliegt?
Und dann frag ich mich, wo die ihre Experten herholen? Holen die sich doch ernsthaft nen Chemiker (angeblich mit Doktortitel) der mit Wasser und flüssigem Stickstoff versucht, eine Thermitreaktion zu unterbrechen. Von Thermodynamik scheint der nicht all zu viel Ahnung zu haben.
Gestern (02.03) wollte man dem interessierten Zuschauer in einem Beitrag über Marokko doch glatt weismachen, dass Marokko eine Fläche von 446 km^2 und Deutschland von 357 km^2 hat. Tätsaclich sind es 446000 bzw 357000 km^2. Hätte man in einer Redaktionssitzung auch drauf kommen können, hätte man nur seinen Verstand eingeschaltet.
… Aber dann in Innenstädten Umfragen zum Allgemeinwissen machen und sich über die Antworten mokieren, das ist wohl mehr als scheinheilig. Pseudowissenschaft eben. Wer’s glaubt ist selber schuld.