Zu meinem einleitenden Artikel kam die Kritik, ich würde nicht alle Energiearten berücksichtigen (Anm.: Dies bezieht sich auf die Erstveröffentlichung in meinem alten, nicht mehr existenten Blog aus Piratenzeiten). Deshalb soll anders als geplant heute ein beitrag zum Thema Biogasanlagen folgen. Im Vorfeld will ich gleich an den Punkt vier der in den einleitenden Betrachtungen von mir aufgestellten Forderungen erinnern:Die Nutzung von Biomasse darf nicht zu Lasten der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln führen. Solange große Menschenmassen an Hunger leiden, sollte keine landwirtschaftliche Nutzfläche für z.B. Treibstoffgewinnung vergeudet werden.
Ganz wichtig dabei ist für mich die Tatsache, das derzeit über eine Milliarde Menschen Hunger leiden und das pro Minute 10 Kinder weltweit verhungern. Wenn wir unter diesen Gesichtspunkt anfangen, ertragreiche landwirtschaftliche Nutzflächen zur Stromerzeugung zu verwenden, dürfen wir uns langfristig auf den Zorn der hungernden Menschen gefasst machen. Damit will ich sagen, das dies unter sozialen und vor allem humanitären Gesichtspunkten eine völlig verfehlte Politik wäre.

Unter diesem Vorzeichen sollten wir uns einmal Biogasanlagen ansehen, denn diese Anlagen sind grundlastfähig, was bei einigen anderen Energiearten nicht der Fall ist. Beispielhaft habe ich, weil das in unserem Landesverband der Piratenpartei ein gern genanntes Beispiel ist, die Biogasanlage in Strem bei Güssing in Österreich ausgesucht. Die Daten dazu stammen aus einem Infoflyer (http://www.eee-info.net/cms/netautor/napro4/appl/na_professional/parse.php?mlay_id=2500&mdoc_id=1000051):
Biogasanlage Stem (Güssing?) – Leistung elektrisch 500kW, Leistung thermisch 568kW, Eigenbedarf elektrisch 10% und thermisch 15%. Die benötigte Pflanzenmasse sind etwa 11.000 t im Jahr von einer Anbaufläche von 250ha.
Auch wenn es absolut nicht gern gesehen ist, habe ich zur Verdeutlichung der Relationen einmal das Kernkraftwerk Brokdorf genommen. Dieses Kraftwerk liefert bei einem installierten Reaktor eine Leistung von 1480 MW (http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Brokdorf). Zum Substituieren des AKW sind also ca. 3000 Biogaskraftwerke notwendig. Dabei würde die Pflanzenmasse von einer Fläche von 750.000 ha benötigt!
Gehen wir bei der Rechnerei noch einen kleinen Schritt weiter:
Der Grundlastbedarf in Deutschland liegt etwa bei 45GW (http://www.energieinfo.de/eglossar/grundlast.html). Zur Deckung von 10% dieser Grundlast wären also etwa 9000 Biogasanlagen notwendig! 2,25 Millionen ha Nutzfläche wären aufzuwenden. Das entspricht etwa einer Verzehnfachung der bisher zur Stromerzeugung verwendeten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Oder anders: 2003 wurden 17 Millionen ha landwirtschaftlich genutzt (das ist etwa die halbe Fläche der BRD). Um nur 10% der Grundlast mit Biogas abzudecken (ohne Wartungsreserve) würden also etwa 13% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche nur zur Stromerzeugung genutzt werden müssen.
Damit ist auch klar, das Biogasanlagen nicht alleine ausreichend sind, aber in einem Energiemix könnten sie gerade bei der lokalen Stromversorgung trotzdem eine Rolle spielen. Vor allem dann, wenn genügend nicht anderweitig verwertbare Abfälle aus der Landwirtschaft zur Verfügung stehen. Insofern stellen für mich Biogasanalgen eine Bereicherung des Energiemarktes dar, aber eher in Form einer lokalen Nischentechnologie.